Fachinformationsreise JapanKurzreferat im Rahmen des Auswertungsgesprächs am 2000-06-29 bei MOL/EHDO in YokohamaReferat: Bericht zur Ausbildung in öffentlichen Institutionen |
Sehr geehrte Damen und Herren, Ich möchte im Auftrag der Gruppe zur Auswertung der Fachinformationsreise einige Aussagen zu den Besuchen der staatlichen Ausbildungseinrichtungen unter dem Aspekt des Schwerpunktes IT-Aus- und Weiterbildung machen. Gestatten Sie mir vorab ein paar allgemeine einleitende Worte. Ausgehend von dem Interesse, wie sich uns die IT-Ausbildung in Japan darstellt, sind wir mit unserem Ausbildungssystem in Deutschland und den neuen vier IT-Ausbildungsberufen im Hinterkopf nach Japan gekommen. Wir hatten im Vorfeld einiges über Japan gehört und erfahren: lebenslange Anstellung in Großunternehmen, Firmentreue, OJT-Ausbildung. Wir haben nun in diesen zwei Wochen eine Reihe von öffentlichen Einrichtungen zur Berufsbildung kennengelernt und haben deren Aufgaben und Funktionen erläutert bekommen. Wir sind sehr beeindruckt von der guten materiell-technischen Ausstattung dieser Bildungs-Institutionen. Wir haben den Eindruck gewonnen, dass der japanische Staat (insbesondere das MOL) schon vor einiger Zeit erkannt hat, dass Ausbildung ein sehr wichtiger Teil der Entwicklung eines Jeden in der Gesellschaft ist. Ausgehend von der wirtschaftlichen Flaute in Japan und der damit verbundenen geringen Zahl von Neueinstellungen in den Betrieben wurde die Schlüsselstellung des Staates schon frühzeitig erkannt. Durch die Organisationsstruktur der EHDO -also der Aufteilung der Bildungsaufgaben auf die Ebene der präfekturalen EHDOs - wird der Verantwortung zur Ausbildung für kleine und mittlere Betriebe Rechnung getragen. Trotz der guten Vorbereitung auf das Berufsausbildungs-System in Japan im Vorfeld der Reise hatten wir am Anfang einige Schwierigkeiten bei der Einordnung der staatlichen Stellen und Institutionen sowie bei der Durchführung verschiedener Varianten in der Aus- und Weiterbildung in Japan. Das deutsche, sehr stark strukturierte und aufwendige Duale System der Berufsausbildung kann in seiner Gesamtheit nicht zum Vergleich herangezogen werden, einzelne gemeinsame Elemente beider Systeme ließen sich aber während der Besuche erkennen. Japan mit seiner derzeitigen wirtschaftlichen Verfassung befindet sich in der Gegenwart (und wohl auch in der Zukunft) in einer schwierigen Phase, auch auf dem Gebiet der Berufsbildung. Der Staat, in diesem Fall das Arbeitsministerium, hat nach unserer Erkenntnis dieses Problem erkannt und darauf angemessen und schnell reagiert, z.B. durch Bereitstellung großer Finanzmittel für notwendige Investitionen. Im Einfluß- und Aufgabenbereich von EHDO haben uns das Advanced Polytechnic Center, der Ability Garden, das Kansai Polytechnic College und die EHDO-Univerity beeindruckt. Beim Advanced Polytechnic Center hat uns die sehr gute materiell-technische Ausstattung imponiert. Auch der Versuch, die Ausbilder der anderen Poytechnik Centers in den einzelnen Präfekturen durch ein Jobrotation-System auf den neuesten Stand der Technik zu bringen, hat uns begeistert. Beim Ability Garden sahen wir eine Top-Ausstattung einschließlich der Möglichkeiten, die sich aus der Satelliten-Kommunikation ergeben, insbesondere für die Aus- und Weiterbildung und Umschulung im kaufmännischen bzw. Angestellten-Bereich. Auch die neuen Ausbildungsmethoden, wie die Simulationstechnik, die Planspiele und die prozess-orientierte Ausbildung, wird uns in guter Erinnerung bleiben. In der EHDO-University haben wir gelernt, dass hier eine - im Vergleich zu Deutschland - kombinierte Ausbildung von Ausbildern und Berufssschullehrern durchgeführt wird einschließlich der Möglichkeit, praxis- und betriebsnahe Forschung zu betreiben. Wir empfanden es als sehr nachteilig, nicht in direkten Kontakt mit den angehenden Ausbildern, also unseren direkten Berufskollegen, treten zu können, da wir nur eine fast menschenleere Universität zu sehen bekamen. Im Kansai Polytechnic Center erfuhren wir viel über die Umschulung von Arbeitslosen und die Weiterbildungsangebote in Form von ca. 130 Kursen insbesondere für die Klein- und Mittelindustrie. Hier haben wir viel gelernt über die Bedeutung und Notwendigkeit von Beratungsdienstleistungen für die Industrie, die das Kansai Polytechnik Center neben anderen staatlichen Instutionen durchführt. Der Besuch bei JAVADA hat allen Teilnehmern unserer Delegation sehr gut gefallen., bedingt auch durch das Interesse unsererseits, während des deutsch-japanischen Seminars den japanischen Fachkräften unsere Entwicklungsstufen bei der Bewältigung der Berufsbildungsanforderungen in der Informations- und Kommunikations-Technologie darzulegen und vorzustellen. Solche beiderseitigen Gesprächsrunden sollten in der Zukunft unbedingt weitergeführt werden. Von der Institution JAVADA erhielten wir auch viele Ideen, wie man bestimmte Teilabschnitte in der Aus- und Weiterbildung durch Eingangs- und Ausgangs-Analysen auch in Deutschland integrieren könnte. Die Diskussion, einzelne Module bzw. Tätigkeiten zu zertifizieren, befindet sich auch bei uns in Deutschland in der Diskussion. Bei JAVADA hat uns auch das ausgereifte System der Staatsprüfungen fasziniert sowie die Entwicklung von Prüfungen im Bereich der Handhabungen. Das japanische Schulsystem, aus seiner Tradition heraus gewachsen, hat sich in diesem Land offensichtlich bewährt. Wir haben gelernt, dass es nicht ohne weiteres mit dem deutschen System zu vergleichen ist. Gedanken sollte man sich aber in Zukunft bei der Programmgestaltung machen, ob und wie es gelingen könnte, uns mit dem Wandel in der Einstellung der Jugendlichen vertraut zu machen. Bei den Besuchen in den staatlichen / öffentlichen Berufsbildungsinstitutionen konnten wir nur einen Einblick in den beruflichen Werdegang von vielleicht 30% der Schulabgänger erhalten, aber die meisten Schulabgänger wechseln auf die Hochschulen. Daher wäre es für uns auch von Interessen gewesen, einen - wenn auch kleinen - Einblick in diesen Bereich zu erlangen, da nach unseren Informationen die Wertschätzung einer Hochschulausbildung für die eigenen Kinder bei den meisten japanischen Eltern sehr groß ist, wesentlich größer als für eine reine Berufsausbildung. Vorgetragen von Holger Münch in Yokohama, 29. Juni 2000 |
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